Ein Mann kommt nach einem harten Arbeitstag nach Hause. Er parkt seinen hochglanzpolierten Aston Martin in der Garage,
schreitet ernsten Blickes einen düsteren Korridor entlang.
Ein Zupfer an der Krawatte, dazu dramatische Drums: »I can feel it coming in the air tonight« – und tatsächlich kommt es, wie es kommen muss.
Der Mann entledigt sich seiner Kleidung, noch bevor er die Wohnung überhaupt betreten hat.
Die Szene stammt aus der neuen Hugo-Boss-Kampagne. Ihr Protagonist, ein alter Bekannter im Unterwäschegewerbe: David Beckham, 49. Der frühere englische Fußballnationalspieler zog bereits 2012 für die Modekette H&M fast komplett blank, in einem 30-sekündigen Clip von Starregisseur Guy Ritchie. Zuletzt sah man Beckham jedoch von einer anderen Seite, in der Rolle des Pensionärs und Hausmanns, als treu liebender Gatte von Ex-Spice-Girl Victoria Beckham und passionierter Hühnerzüchter im heimischen Garten.
Aber »Becks«, will uns diese Werbung sagen, kann immer noch anders. Glamour statt Gummistiefel. Sixpack statt »Dad Bod«. Normalsterblichen Midager-Männchen – das ist die perfide Subbotschaft – bleibt nur zu hoffen, dass ein wenig von seinem gemeißelten Glanz auf einen abstrahlt, wenn man nur die gleiche Unterhose überstreift.
Um dann eigentlich was zu tun? Beckham turnt es in dem Spot vor. Wo sich unsereins nach Feierabend in die Jogginghose bequemt, führt der einstige Starkicker seine Unterhose spazieren. Beckham schlendert lässig durch sein Loft, erledigt Beckham-Aufgaben im Haushalt: auf dem Sofa rekeln, nachdenklich auf dem Handy scrollen, ein paar Klimmzüge machen. Scheinbar ohne zu merken, dass er durch die bodentiefen Glasfenster seines Apartments für die Nachbarschaft gut sichtbar ist. Like a Boss, könnte man meinen. Wenn er dann nur nicht in Unterhose unter die Dusche steigen würde wie ein verschämter 13-Jähriger nach dem Schulsport.
Der Ekstase im Nachbargebäude tut das keinen Abbruch (zumal er sich dann doch noch des Schlüpfers entledigt und nicht nur die Wäsche shampoonieren will) – der Ekstase im Netz im Übrigen auch nicht. In den sozialen Medien brachten viele ihre Begeisterung über den Oben-ohne-unten-wenig-Auftritt zum Ausdruck: »Danke Gott für die Schaffung von David Beckham«, schrieb etwa eine Nutzerin. Eine andere schlug Beckham gleich als neuen James Bond vor.
Am meisten freute sich wohl Beckhams Frau Victoria über die öffentliche Entblößung ihres Ehemannes: »Mein Boss«, schrieb sie zu einem Bild, das mutmaßlich den wohlgeformten, in schwarze Boxershorts verpackten Rumpf ihres Gatten zeigt.
»Guardian«-Redakteur Tim Dowling , der den Auftritt glossiert, klagt, Beckham habe mit seinem neuerlichen Unterhosenauftritt die Messlatte für den durchschnittlichen Mittfünfzigerkörper unerreichbar hoch gehängt. »Was Beckhams Körper für den durchschnittlichen Mann in den Fünfzigern wirklich repräsentiert, ist natürlich der Verlust von Zeit – all die Fitness, die uns hätte gehören können, es aber nicht tut, weil wir uns nie die Zeit dafür genommen haben. Und jetzt sind diese Stunden weg«, so Dowling.
David Beckham, Ex-Fußballer, Unterwäschemodell
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Markus Schreiber / AP